Die Verkäufe der Software seien mit 17% stärker als erwartet gestiegen - seit 12 Quartalen ununterbrochenes zweistelliges Wachstum! Auch der Gewinn sei auf leicht über 5 Mrd. Euro geklettert! Der Grund sei klar: SAP habe eben das beste Team in der Industrie mit Charakter, Leidenschaft und unermüdlichem Kundenfokus.
Nur leider habe man damit das von ihnen gesetzte Ziel eines operativen Gewinns von 5.286 Mrd. Euro nicht erreicht. Nicht gesagt wird, dass gemäß einer internen Skala SAP dann mit ca. 78 % zum ersten Mal eine Erfolgsbeteiligung
und ein Bonustopf von deutlich weniger als 100% an die Mitarbeiter ausschütten würde.
Offenbar ist dem SAP-Vorstand aufgefallen, dass dies nach dem besten Jahr der Firmengeschichte bei den Mitarbeitern nicht gut ankäme. In einer zweiten E-Mail an alle Mitarbeiter der betroffenen Bonuspläne wurde verkündet,
dass SAP ca. 100 Mio. Euro in die Hand nimmt, um die mittlere Bonusauszahlung und die Erfolgsbeteiligung auf 100% zu bringen. Nicht gesagt wird, dass selbst damit voraussichtlich viele SAP-Beschäftigten für 2012 weniger als
100% Bonus ausgezahlt bekommen werden. Wer also die Erwartungen mit 100% Zielerreichung "voll erfüllt", darf nach unserer Schätzung mit einem Bonus in der Größenordnung von nur 80% rechnen. Wenn es so weit kommt
würde dies nach einschlägigen Rechtsmeinungen gegen einige tausend Arbeitsverträge verstoßen, in denen SAP den Beschäftigten zusichert, dass 100% Zielerreichung auch 100% Bonusauszahlung bedingt.
Wir finden das Vorgehen in dreierlei Hinsicht fragwürdig:
Zum einen führt das "best best year ever" zum "worst bonus ever" - nur weil der Vorstand der Firma fantastische Zahlen vorgegeben hat. Dem Kapitalmarkt hatte man andere, niedrigere Zielzahlen verkündet. Die internen Ziele seien ehrgeiziger, hieß es. Statt dass der Geschäftserfolg des Jahres 2012 auch zum verdienten(!) Erfolg der Mitarbeiter wird, müssen Erfolgsbeteiligung und Bonus nun als "Geschenk" künstlich aufgebessert werden. Wertschätzung geht anders, das konnten wir schon mal besser
Zum zweiten scheint das Bestreben, die Partizipation ihrer Beschäftigten an Weissagungen festzumachen, unbeirrbar. Erfahrungen aus diesem Erfolgsjahr oder aus dem Krisenjahr 2009, als die Erfolgsbeteiligung der SAP AG auf 276% anstieg, werden ignoriert.
Und zum dritten scheint die Frage, was eigentlich rechtens ist, im Verhältnis zu ihren Beschäftigten zunehmend unwichtiger: Über Jahre wurden die variablen Gehaltsbestandteile auf Kosten des Grundgehalts überproportional befüllt und den Beschäftigten als ganz normaler Gehaltsbestandteil verkauft. Jetzt sollen Zusagen in den Arbeitsverträgen, 100% Leistung bedeutet 100% Bonus, ignoriert werden. Das Risiko, dass sich Beschäftigte gerichtlich dagegen wehren, wird ganz bewusst in Kauf genommen.
Wir sind gespannt, wie die Betriebsräte reagieren werden.