Am 11. März 2015 ist in Baden-Württemberg das Bildungszeitgesetz verabschiedet worden. Es tritt am 1. Juli in Kraft.
Die Grünen und die SPD hatten nach gewonnener Landtagswahl 2011 in ihrem Koalitionsvertrag zum Thema Lebenslanges Lernen vereinbart, "angelehnt an die Gesetzgebung der meisten anderen Bundesländer für
Baden-Württemberg eine bezahlte Bildungsfreistellung von 5 Arbeitstagen pro Jahr ein(zu)führen". Damit sollte fast 40 Jahre, nachdem die ersten der westdeutschen Bundesländer und etwa 25 Jahre, nachdem die meisten der
neuen Bundesländer das Übereinkommen 140 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO umgesetzt haben, auch den ArbeitnehmerInnen in Baden-Württemberg die Möglichkeit gegeben werden, sich während einer bis zu
fünftägigen bezahlten Freistellung weiterzubilden.
Der anekdotische Teil:
Zwar gab es diese Passage im Koalitionsvertrag, aber man konnte den Eindruck gewinnen, dass Bildungsfreistellung nicht die oberste Priorität bei der neuen Landesregierung hatte. Die IG Metaller in Heidelberg entschlossen sich daher,
dem Thema mit einer Unterschriftensammlung ein bisschen mehr Nachdruck zu verleihen. Manch ein/e Kolleg/in hat vor fast drei Jahren vielleicht selbst unterschrieben. Auch andere IG Metaller, z.B. bei Daimler, schlossen sich dieser
Initiative an. Es war allerdings nicht so einfach, die Unterschriftenlisten an den/die Minister/in oder den/die Landtagsabgeordnete/n zu bringen: viele und wiederholte Terminanfragen führten nicht zu einer Absprache oder blieben
gänzlich unbeantwortet. Zum unserem Glück mussten die Abgetauchten aber 2013 wieder auf Wahlkampftour für die anstehende Bundestagswahl. Wir nutzten die Gelegenheit, die Unterschriftenlisten bei einer
Wahlkampfveranstaltung direkt an Winfried Kretschmann zu übergeben.
Ab Oktober 2013 kam Bewegung in die Sache und der DGB und die IG Metall Bezirksleitung Stuttgart waren zusammen mit anderen Interessenvertretern in die Vorgespräche zur Gesetzgebung eingebunden. Nach einem weiteren Jahr wurde der
Gesetzentwurf eingebracht und nach den üblichen -mehrmonatigen- Beratungen, Änderungen und Lesungen endlich am 11. März 2015 verabschiedet.
Nach dem neuen Gesetz umfasst die Weiterbildungsmöglichkeit berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, allgemeine und politische Bildung und Qualifizierungen zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Aufgaben. Voraussetzung ist allerdings,
dass der Anbieter der jeweiligen Bildungsmaßnahme ein "anerkannter Träger" ist. Diese Anerkennung erteilt das Regierungspräsidium Karlsruhe auf Antrag des Trägers nach Prüfung.
Bei der IG Metall ist man bereits dabei, die vielfältigen Seminarangebote mit den Vorgaben des Bildungszeitgesetzes abzugleichen. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem IG Metall-Bildungszentrum Lohr-Bad Orb.
Zeitplanungsziel für das Anerkennungsverfahren ist der 1. Juli 2015. Danach werden an dieser Stelle die detaillierten Informationen bereitgestellt.
Was bedeutet das Bildungszeitgesetz für die KollegInnen in den Metallbetrieben?
- Ab 1. Juli besteht für die Meisten (Ausnahmen: BAzubis und weniger als ein Jahr Betriebszugehörigkeit, Einzelheiten im Gesetz, speziell §7) auch schon für das Jahr 2015 ein Anspruch auf fünf Tage bezahlte Freistellung.
- Die Freistellung muss mindestens acht Wochen im Voraus beim Arbeitgeber beantragt werden.
- Der Arbeitgeber muss spätestens vier Wochen im Voraus über Ablehnung oder Zustimmung entscheiden. Zulässige Ablehnungsgründe sind dieselben wie für Urlaubsanträge, also wichtige betriebliche Gründe oder Urlaubs-/ Freistellungsansprüche anderer KollegInnen, plus die Tatsache, dass im fraglichen Jahr bereits zehn Prozent der Beschäftigten für eine derartige Weiterbildung freigestellt wurden.
Die Bildungsangebote der IG Metall sind allgemein zugänglich und für IG Metall Mitglieder kostenfrei.